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Gedenklesung
"Niemals Vergessen"
(Zitat Rosa Jochmann)
zum 60. JAHRESTAG

DES TODESMARSCHES UNGARISCH-JÜDISCHER ZWANGSARBEITER
VON ENGERAU NACH DEUTSCH-ALTENBURG

in der Villa Pannonica,
Villagasse 9 (hinter dem Kriegerdenkmal)
2412 Wolfsthal, NÖ.

Begrüßung: Gerhard Schödinger, Bürgermeister von Wolfsthal
Lesung aus Dokumenten der sechs Engerau-Prozesse
von Claudia Kuretsidis-Haider, Marta Schödinger, Michael Haberler, Fritz Hessheimer,

Lyrik von Jura Soyfer :  Nora Houf , Helene Levar
Musikalische Umrahmung: am Klavier: Cornelia Lucia Petre
Werke von: Frederic Chopin, Felix Mendelsohn-Bartoldy, Sergej Rachmaninov, Alexander- Nikolayevich Scriabin
Anschließend kleiner Imbiss
Eintritt: Freie Spende
Um telefonische Anmeldung wir gebeten 0664/38 12 074, Frau Levar
Veranstalter:
"Ciarivari", Verein zur Pflege von Kultur und Wissenschaft, Wolfsthal,
"Verein zur Erforschung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen und ihrer Aufarbeitung", Wien

Am 29. März 2005 jährte sich zum 60. Mal der "Todesmarsch" der ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter vom Lager Engerau (heute Petrzalka / Bratislava) über Wolfsthal und Hainburg nach Deutsch-Altenburg, bei dem mehr als hundert Menschen erschossen, erschlagen und zu Tode misshandelt wurden.

Die nationalsozialistischen Behörden richteten Ende November 1944 u. a. das Lager Engerau für Schanzarbeiten beim Bau des so genannten "Südostwalles" ein. Bereits bis zur Evakuierung des Lagers vor der heran rückenden sowjetischen Armee Ende März 1945 kamen Hunderte ungarische Juden aufgrund der unvorstellbaren hygienischen Bedingungen und aufgrund von Misshandlungen ums Leben oder wurden von der Wachmannschaft ermordet.

Zwischen 1945 und 1954 fanden vor dem Landesgericht Wien als Volksgericht gegen mehr als 70 der für die Verbrechen verantwortlichen österreichischen SA-Männer und politischen Leiter insgesamt sechs Prozesse statt. Neun der Angeklagten wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet, ein Angeklagter erhielt eine lebenslange Haftstrafe.

Auszug aus der Zeugenaussage des ehemaligen Häftlings Nikolaus Auspitz, aus dem 3. Engerau-Prozess (1946):

"Tagwache beim Morgengrauen um 5 Uhr, um 1/2 6 Uhr mussten wir draußen stehen auf der Chaussee, wo wir 1/2 - 1 Stunde warten mussten, in der schrecklichsten Kälte, mit steifgefrorenen Gliedern, auf den La­ger­kom­mandanten, der angekommen den Mannschaftsstand entgegennahm und wenn es ihm einfiel – leider fast jeden Tag – in die Baracke hineinging, um die Kranken ‚zu kontrollieren‘, deren größten Teil er mit dem Sto­cke heraus trieb, zumeist befanden sich diese in einem derart schweren Zustand, dass sie nach der Ar­beit dieses Tages, nachdem sie sich nach der Arbeit, am Abend zu Bett begeben hatten, nie mehr zum Le­ben erwachten. Vom Frühappell mit erfrorenen Füßen und offenen Wunden, im Laufschritt zur Küche, der Begleiter hat während des ganzen Weges, wen er traf, mit den Füßen getreten oder mit dem Stocke geschlagen. [...]

Als nach der Arbeit in unsere Kammer gelangten, die ausgerückte Menge etwa 100 Personen, ist wie eine Lumpenmasse niedergefallen, auf die schmutzige, nasse, stinkige Strohlagerstätte und brach in bitteres Schluchzen aus, es kam uns zu Bewusstsein, dass das keine Menschen sind, das sind teuflische Satans und wir können unsere Familien, unsere Lieben, nie mehr wiedersehen, denn aus dieser Hölle ist kein Entrinnen. [...]

Ich habe mich am 28. Dezember 1944 zum letzten Male gewaschen, am anderen Tag ist der neben der Baracke befindliche Brunnen zugefroren und ich wäre irgendwann zu Ende März in die Lage gekommen, mich wieder etwas waschen zu können. Inzwischen haben Millionen von Läusen den Menschen befallen, die Arbeit, das Hungern, die Schläge, das ungewisse Schicksal hat den Widerstand der Menschen gebrochen, unsere ersten Toten hatten wir am 16. Dezember, ergriffen standen wir bei der Leiche unseres Kameraden. Am 18. folgte der Nächste, sodann der Dritte, Vierte, die Ergriffenheit fand ein Ende, betroffen sahen wir unser eigenes Schicksal an uns herankommen, alles hat ein Ende! Meine armen Kameraden sind auch mit erfrorenen, brandigen Gliedern hinaus zur Arbeit, denn wer nur einmal liegen blieb, der stand nimmer auf, und doch wollten wir alle am Leben bleiben, um unseren Folterern, unseren Mördern noch gegenüber zu stehen."
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